Die größten Matcha-Mythen und warum sie (fast) nicht stimmen

Immer mehr Menschen kommen auf den grünen Geschmack von Matcha Tee: vom trendy Matcha Latte über schicke Matcha-Süßigkeiten bis zur gehobenen Teezeremonie zuhause mit purem Matcha. Dabei werden von vielen Matcha-Anbietern, Influencern und Ratgebern teilweise recht haarsträubende “Matcha-Fakten” und Verallgemeinerungen verbreitet. Aber keine Sorge. Mit unserer langjährigen Erfahrung durch den persönlichen Austausch mit japanischen Teebauern sowie den Direktimport von grünem Tee aus Japan klären wir dich hier über die größten Mythen auf:

Übersicht

1. Je grüner der Matcha, desto besser die Qualität

2. Guter Matcha ist nicht bitter oder algig

3. Ganz Japan produziert hochwertigen Matcha

4. BIO ist ein Qualitätsmerkmal

5. Für Matcha Latte & Co. verwendet man Koch-Matcha

Je grüner der Matcha, desto besser die Qualität

Wenn es doch so einfach wäre. Dann müssten wir für die Auswahl unserer Matchas lediglich Fotos vergleichen und uns für die schönsten Farben entscheiden. Und ein Stück weit stimmt es auch: wenn Matcha eine bräunliche oder tiefgelbliche Farbe hat, ist das ein Indikatior für zu wenig Beschattung, Überlagerung oder zu starke Röstung. Doch welche Faktoren genau beeinflussen eigentlich die Farbe des Matchas? Der verwendete Kultivar (Teestrauchsorte), die Länge der Beschattung, der Zeitpunkt der Ernte, die Trocknung & Röstung sowie die fachgerechte Lagerung können die Farbe verändern. Ein Beispiel: Yoshiharu San produziert unseren Matcha N°2, den er vor dem Mahlen reifen lässt. Nach dem mehrmonatigen Reifen wird der Matcha dann vergleichsweise stark geröstet. Im Ergebnis ergibt sich ein angenehm milder, leicht süßlicher und sehr ausgewogener Matcha. Farblich ist er jedoch eher blassgrün mit leicht gelblichem Einschlag. Das ist in diesem Fall jedoch kein Hinweis auf schlechte Qualität, sondern zeigt im Gegenteil eine besondere Milde & Süße an.

Auf der anderen Seite kann eine schöne Farbe auch über schlechte Qualität hinwegtäuschen. Auf Kyushu wird u.a. sogenannter Winter-Matcha produziert. Nach den ersten beiden Ernten im Frühjahr und Sommer werden die minderwertigen großen Teeblätter von Herbst bis Winter stehen gelassen. Da gerade in Herbst und Winter die Sonne wenig scheint, werden diese Teeblätter natürlich beschattet. Klingt erstmal nicht schlecht. Doch in dieser langen Zeit reichern sich Bitterstoffe an. Der daraus produzierte Matcha sieht schön grün aus, schmeckt jedoch sehr unangenehm. Die zahlreichen Bitterstoffe, die sich in der langen Zeit angesammelt haben, überlagern nämlich den Großteil des Aromas.

Es zeigt sich also, dass ein schönes Grün des Matchapulvers ein Hinweis auf gute Qualität sein kann, hier jedoch auch viele Ausnahmen bestehen und manchmal sogar die Farbe auf die falsche Fährte führen kann.

Guter Matcha ist nicht bitter oder algig

Matcha kann geschmacklich ganz verschiedene Facetten aufweisen. In Europa am beliebtesten ist der milde, süßliche und vollmundig-abgerundete Geschmack, der gar nicht oder kaum bitter ist. Das ist eine bestimme Art von Matcha aber eben nicht die einzige. Es gibt nämlich auch viele aufwändig produzierte Matchas, die ein anderes Geschmacksprofil haben und zusätzlich Edelbitterkeit sowie Noten von Algen oder Gemüse aufweisen. Dabei ist der leicht algige Geschmack eine Ausprägung von Umami und entsteht durch langes Beschatten der Teepflanzen. Es ist also ein Merkmal guter Qualität. Auch ein gewisser Grad an Edelbitterkeit ist normal. Selbst durch 30-tägiges Beschatten kann die Bildung von Catechinen, die für Bitterkeit sorgen, nicht komplett verhindert werden. Wird diese Bitterkeit durch Umami & Süße gekontert, ergibt sich jedoch ein sehr interessanter und reizvoller Geschmack und der Matcha kann als qualitativ hochwertig eingestuft werden. Und genau daran lässt sich dann auch schlussendlich minderwertiger Matcha erkennen: Vorhandensein von Bitterkeit ohne dass dies durch Süße, Umami oder andere Aromen ausbalanciert wird. Das völlige Fehlen von Bitterkeit allein ist jedoch kein Qualitätsmerkmal.

Ganz Japan produziert hochwertigen Matcha

Der beste Matcha stammt aus den Präfekturen Shizuoka und Kyoto. Was vielleicht etwas ignorant und plakativ klingt, ist unser Fazit aus jahrelangem Probieren von Matchas aus ganz Japan sowie Gesprächen mit Teebauern & Experten in den Teeanbau-Gebieten von Kyushu über Kyoto bis Aichi. Doch was ist der Grund dafür? Shizuoka & Kyoto sind besonders hügelig und bergig. Viele Teefelder haben eine fast vertikale Ausrichtung und dadurch höchstens den halben Tag volle Sonne. Sie werden also natürlich halb-beschattet, was die Bildung von Bitterstoffen reduziert (das wird bspw. auch durch das Beschatten von Kabusecha Teepflanzen mit Netzen simuliert). Maschinen-Ernte ist außerdem auf den schwer zugänglichen Teefeldern nicht möglich. Teebauern, die hier Matcha und andere Grüntees anbauen, müssen zwangsläufig mit der Hand oder Handmaschinen ernten. Dabei können sie ganz genau darauf achten, was von der Teepflanze in die Ernte kommt. Sie treffen also eine Vorauswahl der besten & zartesten Teeblätter und können mit viel Geschick die großen & bitteren Teeblätter meiden.

Kyushu ist die südlichste der Hauptinseln und besteht hingegen aus flachen weitläufigen Teefeldern. Diese sind perfekt für die Maschinenernte geeignet. Das ist sehr effektiv - jedoch fehlt dadurch eine Auslese der Teeblätter per Hand. Die jungen Teepflanzen werden außerdem ganztägig mit Sonne versorgt, da die Teefelder nicht wie in Shizuoka und Kyoto durch Berge natürlich beschattet werden. Das ist optimal für Sencha Grüntee aber weniger gut für Matcha, dem viel Sonne nicht gut tut. Daher wurde bis vor kurzem auch wenig Matcha auf Kyushu produziert. Die Teebauern haben dafür ein umfangreiches Wissen, was den Anbau von Sencha Grüntee betrifft, sind jedoch nicht so erfahren in dem Anbau und der Herstellung von Matcha. Mit der immer stärker werdenden Nachfrage nach Matcha aus dem Ausland jedoch ist Kyushu nun gefragt. Schließich ist es die einzige Region in Japan, die genug Fläche hat, um den Bedarf an Matcha zu decken. Teegärten in Shizuoka oder Kyushu können aus den natürlichen Begrenzungen durch Berge und Wälder meist nicht vergrößert werden. Dadurch produziert jetzt die Region, die am wenigsten auf Matcha spezialisiert ist und teilweise am wenigsten Erfahrung damit hat, immer mehr Matcha Tee.

BIO ist ein Qualitätsmerkmal

BIO ist eine verifizierte Art des landwirtschaftlichen Anbaus von Lebensmitteln. Nur weil ein Matcha jedoch ein BIO-Siegel, heißt das nicht dass dieser auch eine gute Qualität hat. Auch ein völlig unbeschatteter Matcha, der im Winter per Maschine geerntet und mit Stängeln verarbeitet wird, kann ein BIO-Siegel erhalten. Selbst ein herkömmlicher chinesicher Grüntee zu Pulver vermahlen kann als Matcha mit BIO-Zertifikat verkauft werden, solange dieser pestizidfrei angebaut wurde. Doch was stellt das BIO-Siegel dann sicher? Hauptaugenmerke im BIO-Anbau sind der Verzicht auf Pestizide & chemische Dünger sowie eine nachhaltige Bewirtschaftung der Teefelder. Das entspricht grundsätzlich auch unser Vorstellung von Nachhaltigkeit und deshalb verkaufen wir auch nur Matcha Tees, die diesen Grundsätzen entsprechen. Das allein reicht jedoch nicht aus, um einen Premium oder Ceremonial Grade Matcha zu produzieren. Darüber hinaus muss guter Matcha vor der Ernte lange beschattet, nach der Ernte unverzüglich gedämpft sowie vor dem Mahlen mit höchster Sorgfalt verarbeitet & sortiert und nach der Verarbeitung tiefgekühlt gelagert werden. Ein BIO-Siegel stellt die Einhaltung dieser wichtigen Arbeitsschritte für eine optimale Qualität jedoch überhaupt nicht sicher.

Wie steht es denn überhaupt um den BIO-Teeanbau in Japan? Nicht so gut. Über 90% des Grüntees wird in Japan konventionell angebaut. Das hat weniger mit dem Naturgedanken der Japaner, als mit der geschmacklichen Qualität zu tun. Matcha, der besonders süß und viel Umami haben soll, braucht Nährstoffe. Diese Nährstoffe bekommt die Pflanze am besten durch (syntethischen) Stickstoffdünger. Auch wenn unsere Teebauern und viele andere BIO-Teebauern in Japan sehr viel experimentieren, konnte bisher dieses geschmackliche Niveau mit natürlich gedüngten Teepflanzen kaum erreicht werden. Das ist auch der Grund warum BIO-Matchas kaum Beachtung bei japanischen Tee-Contests finden. Einen Vorteil haben jedoch die natürlich angebauten Matcha Tees: sie haben ein eher blumiges, frisches und leichtes Geschmacksprofil und duften angenehm frisch bis fruchtig.

Übrigens verzichten wir ganz bewusst auf das BIO-Siegel. So können wir den Preis der Tees gering halten sowie auch Tee von Teebauern beziehen, welche natürlich anbauen aber kein BIO-Siegel besitzen. Mehr dazu erhährst du in unserer FAQ.

Für Matcha Latte & Co. verwendet man Koch-Matcha

Um es gleich vorwegzunehmen: Koch-Matcha oder Culinary Grade Matcha ist eine Erfindung des westlichen Marketing mit der man versucht minderwertigen Matcha zu verkaufen. In Japan wird für Matcha Latte und Matcha-Desserts fast immer hochwertiger Matcha verwendet. Genau das empfehlen wir auch, denn das Herzstück eines jeden Matcha-Rezepts ist der aromatische & vollmundige Matcha selbst. Stark bitterer Matcha aus der Herbst/Winter-Ernte oder chinesicher “Matcha” ohne angenehmes Aroma haben unserer Meinung nach nichts in einem Matcha Lavacake oder Matcha Latte verloren. Auch wenn bestimmte Milchsorten teilweise den Geschmack von Matcha überdecken können - ganz können Sie nie über einen minderwertigen Matcha hinwegtäuschen. Die leckeren Aromen & Geschmacksnoten eines guten Matchas werden nämlich durch Hafer- oder Kuhmilch und etwas Süße noch stärker hervorgehoben. Probiere es ruhig einmal selbst aus 😻🍵

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